Mountainbiken ≠ Mountainbiken

Über die unterschiedlichen Spielarten des Mountainbikens

Mountainbiker werden oft als die Rowdies der Berge gesehen, rücksichtslos und wegzerstörend. Doch das ist verkürzend, da die Spezies Mountainbiker viel zu vielfältig ist, um mit wenigen Worten charakterisiert zu werden.
Im Folgenden stelle ich die verschiedenen Subspezies von Mountainbikern vor, die mir in den vergangenen 25 Jahren, die ich in den Bergen zu Rad unterwegs bin, begegnet sind. Jeder Mountainbiker hat eine Präferenz für eine oder mehrere dieser Spielarten. All diese Spielarten haben aber ihren Platz, wenn wir einander und der Natur gegenüber mit Respekt und Toleranz begegnen und nur dort regelnd eingreifen, wo es tatsächlich Probleme gibt.

Der Gelegenheits-Offroader

Ich bin gerne mit dem Fahrrad unterwegs, um Bewegung zu machen und die Landschaft zu genießen. Ich fahre gerne einen Fluss entlang oder um einen See herum. Ich versuche vielbefahrene Straßen zu vermeiden. Ich weiche daher gerne auf nicht allzu rumpelige Schotterstraßen oder Fahrwege aus. Ich mag es nicht zu steil, weder bergauf noch bergab. Manchmal muss ich das Rad ein paar Minuten lang schieben, aber tragen würde ich es nie. Ich respektiere Wegsperren, solange es eine vernünftige Alternative gibt. E-Bikes gegenüber bin ich nicht abgeneigt, denn es erweitert meine Möglichkeiten, längere Strecken zu fahren und mehr Landschaft zu entdecken.

Die Weitradlerin

Was mich antreibt, ist von Ort A über eine mehrere hundert Kilometer lange Strecke nach Ort B zu kommen. Das kann einige Tage dauern. Ja, Transalp und so. Der Weg ist für mich das Ziel, aber auch die Landschaft. Ich mag es anstrengend, aber allzu schwierig darf es nicht sein – schließlich bin ich doch mit einigem Gepäck unterwegs. Bergauf setze ich auf eine Wegführung aus Asphalt- und Schotterstraßen – diese können schon steil sein; auch der eine oder andere nicht allzu steile Fahrweg und Single-Trail kann dabei sein. Ich liebe Single-Trails, solange sie nicht zu technisch sind; sonst bevorzuge ich doch eher Schotterstraßen für die Abfahrt. Asphaltstraßen sind ein notwendiges Übel. Fahrverbote respektiere ich, wenn ich über sie im Voraus Bescheid weiß oder es Alternativen gibt, die meine Planung nicht zu sehr durcheinander bringen. Ich quäle mich gerne. Ich könnte mir aber schon vorstellen, ein E-Bike zu verwenden, denn es hilft mir, ambitionierte Tagesetappenziele zu erreichen, auch wenn der Bio-Tank leer wird.

Der Zustiegsverkürzer

Das Mountainbike ist für mich Mittel zum Zweck. Ob Berg-, Kletter- oder Schitour – oft erfordern diese öde Zustiege auf endlos langen Forststraßen. Ich hasse das - beim Aufstieg und noch mehr beim Abstieg. Dieses Problem hat zum Glück eine Lösung: das Radl. Ich pflege einen freundlichen und respektvollen Umgang mit den Menschen am Weg. Der Sinn von Fahrverboten erschließt sich mir nicht – ich störe ja niemanden. Ich fahre, solange ich das Rad nicht schieben muss. Dort ist dann der Ausgangspunkt für die eigentliche Tour. E-Bikes finde ich super – so komme ich sogar noch schneller hin.

Die Rad-Bergsteigerin

Mein Ziel ist es, einen Gipfel oder Pass zu erklimmen und dann eine tolle Abfahrt zu meistern, die ich mir durch meine eigene Muskelkraft erkämpft habe. Abfahren, ohne sich angestrengt zu haben, ist Schund. Die Entdeckung und Planung neuer Routen löst ein Prickeln und eine Vorfreude in mir aus. Planung ist alles. Die Single-Trails, die ich fahre, ist noch kaum jemand anderer gefahren – und wahrscheinlich werden es mir nur wenige nachmachen. Bergauf versuche ich Asphaltstraßen zu vermeiden; ich will aber dennoch in angemessener Zeit zum Gipfel kommen. Für die zu erwartende großartige Abfahrt nehme ich auch ein- bis zweistündige Trage- und Schiebepassagen ohne Jammern in Kauf. Ein E-Bike macht die Beine schwach und trainiert den Bizeps. Ich sehe mich mehr als Wandererin denn als Radfahrerin. Radfahrverbote respektiere ich daher nur, wenn es einen gute Grund dafür gibt: zum Beispiel vielbefahrene Wege, die durch Erosion malträtiert worden sind. Vielbefahren – das ist allerdings nicht dort, wo ich normalerweise unterwegs bin. Ich liebe es einsam und in grandioser Umgebung. Die technischen Schwierigkeiten kennen nach oben keine Grenzen; ausgesetzte Passagen gehören ebenso dazu. Ich fahre mit leichter Ausrüstung und defensiv – im Zweifelsfall wird abgestiegen. Ich begegne den Menschen mit Respekt und minimiere die Spuren die ich in der Natur hinterlasse.

Der Downhiller

Bergauf ist nicht mein Ding – ich bin ein Adrenalin-Junkie: steil, schnell, immer an der Grenze des Machbaren. Ich fahre immer wieder dieselbe Strecke, bis ich das Maximum aus ihr herausgeholt habe. Ich weiß, dass ich Spuren hinterlasse und das manchmal zu Problemen führt. Auch Wanderer haben mich nicht besonders gern, wenn ich unangekündigt um die Ecke brause. Wenn meine Lieblingsstrecke vor der Haustür gesperrt wird, dann kann es sein, dass ich selbst eine neue anlege. Ich finde es gut, wenn getrennte Mountainbike-Strecken angelegt werden, um Konflikte mit Wanderern zu vermeiden. Ich nehme solche Strecken gerne an. Aufstiegshilfen find ich super, damit ich meine Zeit nicht mit dem lästigen Hinauffahren verschwenden muss. Die volle Schutzausrüsting ist für mich selbstverständlich. Auch in Trailparks bin ich manchmal zu finden, um meine Technik zu verbessern. Aber dann geht‘s wieder raus auf die richtigen Berge, wo es lange Abfahren gibt. Zum Genießen der Landschaft hab ich aber nicht viel Zeit.

Die Funparkerin

Kicker, Drops, Steilkurven und Shores lassen meinen Puls steigen - schneller, höher, geiler. In Trailparks fühl ich mich wohl. Eine Aufstiegshilfe ist mir recht; da komm ich viel zum Fahren – bergab natürlich. Mir geht‘s ums Artistische, ums Gesamtkunstwerk – ich, die Strecke, meine Performance. Mit Schutzausrüstung, versteht sich. Imposante Berge und Fernsicht sind da nicht so wichtig.

Letztes Update: 28. 4. 2024

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